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Erfahrungsbericht zum Auswahlverfahren der Studienstiftung des deutschen Volkes
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Seit einem Freitag in einem Mai, als ein großer Briefumschlag meinen kleinen Briefkasten füllte, bin ich Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes. Auf die Studienstiftung aufmerksam geworden bin ich durch mein Gymnasium, das mich nach dem Abitur für eine Aufnahme vorschlug.

Ein für mich bedeutendes Merkmal der Studienstiftung ist ihre religiöse, politische und weltanschauliche Unabhängigkeit beziehungsweise Vielfalt. Bei Begegnungen mit anderen Stipendiaten bin ich immer wieder aufs Neue fasziniert von der Anzahl unterschiedlicher Standpunkte, Wertesysteme und Einstellungen, die von den Studenten repräsentiert werden. Genau diese Vielfalt ist es, die mir an der Studienstiftung sehr gefällt. Nicht zuletzt durch die verschiedenen Unternehmungen innerhalb der Studienstiftung lernt man sehr viel Neues – über „andersartige“ Standpunkte und nicht zuletzt vor allem über sich selbst!

Die Studienstiftung ist dafür bekannt, dass sie sehr großen Wert auf überdurchschnittlich gute schulische beziehungsweise universitäre Leistungen legt. Neben dieser „fachlichen Exzellenz“ wird von Stipendiaten ein Weitblick und der Wille gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, verlangt. Dabei wird auch „das Ungewöhnliche“ betont und die Fähigkeit über seine eigenen Grenzen hinaus zu agieren und daran zu wachsen. Ich persönlich nehme vor allem an den Stammtischen, die in einigen Städten regelmäßig stattfinden und von den Stipendiaten vor Ort selbst organisiert werden, teil. Oftmals komme ich danach Heim und fühle tiefe Dankbarkeit und Inspiration, die ich aus den Begegnungen mitnehme. Einmal erzählte ein Stipendiat zum Beispiel von seiner Begeisterung für China und dass er mit seinen Mandarin-Kenntnissen gerne dorthin auswandern möchte. Das Ziel müssen also nicht immer englische, spanische oder französischsprachige Länder sein – warum auch nicht einmal polnisch, schwedisch oder indonesisch lernen? Ist es nicht gerade auch das, was einen selbst und unsere Gesellschaft wirklich bereichert? Darüber hinaus besuchte ich im letzten Herbst eine studentische Initiative zum Thema „Prognoseerstellung“ und kann es kaum erwarten nach Möglichkeit zeitnah an einer der legendären Sommerakademien teilzunehmen. Dabei handelt es sich um ein- bis zweiwöchige Seminare zu verschiedensten Themen. In Deutschland oder europäischen Nachbarländern beschäftigt man sich dann je nach Wunsch mit für einen selbst fachnahen oder fachfremden Themen (Wie wäre es denn zum Beispiel sich als BWL´er einmal mit nuklearer Astrophysik zu beschäftigen? – Die Studienstiftung macht´s möglich!). Natürlich kommen in dieser Zeit auch die Freizeitangebote kultureller, sportlicher oder anderer Art nicht zu kurz! Neben dieser sogenannten ideellen Förderung, bietet die Studienstiftung auch eine finanzielle Förderung an. Diese unterscheidet sich nicht wesentlich von den Fördermaßnahmen anderer Begabtenförderwerke in Deutschland: Neben einem einkommensunabhängigen, monatlichen Büchergeld für alle gibt es darüber hinaus ggf. eine das Bafög ersetzende Unterstützung und spezielle Fördermittel für geplante Auslandsaufenthalte.

Wie bereits vorhin angeklungen, liegt das Besondere der Studienstiftung wirklich in der Vielfalt ihrer Stipendiaten. Es finden sich gerade in der Studienstiftung viele junge Menschen, die einen Migrationshintergrund haben oder aus einfachen Haushalten kommen und vielleicht eine weniger sorgenfreie Kindheit als andere Gleichaltrige hatten. Bedingt durch ihre politische und religiöse Unabhängigkeit findet sich in der Studienstiftung eine Gruppe von Menschen, die facettenreicher kaum sein könnte. Mit dem sogenannten „Chancenprogramm“ hat sich die Studienstiftung zum Ziel gesetzt, noch gezielter Studierende mit Migrationshintergrund und Erstakademiker zu unterstützen. Zum einen sollen mehr Vorschläge von Lehrenden auf diese Gruppen abzielen, zum anderen gibt es seit einiger Zeit die Möglichkeit der Selbstbewerbung. Nach einem erfolgreich bestandenen Auswahltest kann man sich somit eigenständig für das Auswahlseminar qualifizieren. Die Auswahlseminare werden seit kurzem auch extern bewertet und Mitglieder der Auswahlkommission werden für das Thema Chancengleichheit sensibilisiert. Durch alle diese Maßnahmen ist meiner Einschätzung nach eine faire Auswahl der Studenten gewährleistet.

Die zuvor angesprochene Vielfalt der Studenten verhilft einem selbst auch immer wieder zu neuen Erkenntnissen – im Kleinen wie im Großen. Hinsichtlich des eigenen Studiums und in Bezug auf die Jobsuche kann das ein oder andere Stammtischgespräch durchaus sehr inspirierend sein. Mir persönlich helfen fremde Ansichten immer sehr, meine eigenen Anforderungen zu definieren und eben auch einmal unkonventionellere Pläne zu verfolgen. So bin ich zum Beispiel auf die Idee gekommen mich im nächsten Praktikum einmal auf eine Kleinstadt anstatt auf eine Metropole einzulassen. Gerade auch bei Umzügen ist die Studienstiftung stets ein Ankerpunkt und erleichtert den Neustart. Sowohl innerhalb Deutschlands, als auch weltweit ist es dank des Netzwerks unkompliziert anderen Stipendiaten zu begegnen und Bekanntschaften oder Freundschaften zu schließen.

Zugegebenermaßen hat der gesamte Bewerbungsprozess in meinem Fall ziemlich passiv angefangen: Während meines Auslandspraktikums in Südamerika zwischen dem 5. und 6. Semester meines BWL-Studiums erhielt ich im Januar eine Nachricht von meinen Eltern, die mir von einem Brief der Studienstiftung erzählten. Wenig später erfuhr ich, dass der Prüfungsausschuss meiner Universität mich für die Aufnahme in die Studienstiftung vorgeschlagen hatte. Dazu erbat man von mir eine Reihe von Bewerbungsunterlagen. Diese sollten die Grundlage für das spätere Auswahlseminar – zu dem übrigens jeder eingeladen wird, der seine Bewerbungsunterlagen zuvor eingeschickt hat – bilden. Aufgrund meines Auslandsaufenthalts nahm ich relativ spät Kenntnis von jenem Brief und fragte nach einer Verlängerung der Bewerbungsfrist, die bereits verstrichen war. Nach einer positiven Rückmeldung seitens der Studienstiftung und einigen Überlegungen entschied ich mich, den Bewerbungsprozess von Südamerika aus auf mich zu nehmen. Diese Entscheidung fiel mir nicht ganz leicht, da ich mir des mit der Bewerbung verbundenen, hohen Arbeitsaufwands bewusst war. Außerdem nahm ich bereits im 2. Semester erfolglos an einem Auswahlseminar der besagten Stiftung teil. Damals schlug mich meine Schule für die Aufnahme in die Studienstiftung vor. Gesagt, getan packte mich dann doch noch einmal der Ehrgeiz und ich begann in Südamerika alles für die Bewerbung vorzubereiten. Neben verschiedensten Leistungsnachweisen ist vor allem ein ausformulierter Lebenslauf (circa 3 Seiten) von hoher Relevanz. Dieser kann die Grundlage für die im Auswahlseminar stattfindenden Interviews bilden und sollte daher mit großer Sorgfalt und einer authentischen Herangehensweise angefertigt werden. Nach Eingehen der Bewerbungsunterlagen im März erfolgt (stets!) die Einladung zum Auswahlseminar. Dabei bemüht sich die Studienstiftung die Bewerber so einzuteilen, dass diese nach Möglichkeit geringe Reisezeiten und –kosten auf sich nehmen müssen. In meinem Fall fand das Auswahlseminar von einem Samstagmittag bis zum Sonntagmittag im Mai in der Jugendherberge einer rheinischen Metropole statt. Die Teilnehmer repräsentierten verschiedenste Studienrichtungen, wobei in meinem Fall viele Mediziner, Juristen, Psychologen und Ingenieure anwesend waren. Die Auswahlkommission setzt sich aus Alumni der Studienstiftung zusammen. Diese studierten verschiedenste Dinge und arbeiteten in den unterschiedlichsten Berufen und Unternehmen. An jedem Seminar nehmen jedoch auch „hauptamtliche Angestellte der Studienstiftung“ (zumeist auch Alumni) teil, welche die organisatorische Leitung des Auswahlseminars übernehmen und auch an den Auswahlentscheidungen beteiligt sind. Nach einer kurzen Einführung begann sogleich das eigentliche Auswahlverfahren. Dazu wurden die Bewerber per Zufall (?) in Kleingruppen von 5 bis 6 Leuten eingeteilt. Über den Samstag und Sonntag verteilt, stellten alle Mitglieder in den Gruppen ihre vorher aufbereiteten Kurzpräsentationen vor und moderierten die sich anschließende Diskussion, die etwa 20-30 Minuten dauerte. Für die Wahl des eigenen Präsentationsthemas existieren keinerlei Einschränkungen, jedoch sollte das Thema meiner Einschätzung nach so gewählt werden, dass Studenten aller Fachrichtungen etwas zum Sachverhalt beitragen können und dieser genügend „Zündstoff“ für eine lebhafte Diskussion bietet. Beobachtet wurden alle Gruppenmitglieder von einem Kommissionsmitglied, das jedoch nicht aktiv in den Prozess eingriff, sondern als „stillschweigender Beobachter“ fungierte. Zwischen den in meinem Fall 5 Diskussionsrunden gab es immer wieder Pausen. Diese dauerten entweder wenige Minuten oder wurden so gewählt, dass zwischendurch jeweils 1 der insgesamt 2 Einzelgespräche stattfand:

In dem Auswahlverfahren, an dem ich teilnahm, gab es ausschließlich Bewerber, die in ihrem Studium bereits fortgeschritten – mindestens im 4. Semester – waren. Jeder Bewerber hatte ein fachfremdes und ein fachnahes Interview. Beim fachfremden Interview findet das Gespräch mit einem Kommissionsmitglied statt, das nicht das gleiche Studienfach wie der Bewerber selbst belegt hat. Nach einer kurzen Vorstellung auf beiden Seiten verlief das fachfremde Gespräch in meinem Fall sehr nah am Lebenslauf. Vor allem meine studien- und praktikumsbedingten Auslandsaufenthalte waren ein Thema, über das ich mich mit der Medizinerin austauschte. Darüber hinaus wurden mein Engagement in der katholischen Kirche (kritisch) unter die Lupe genommen und meine beruflichen Zukunftspläne erfragt. In meinem fachnahen Interview unterhielt ich mich mit einer Alumna der Betriebswirtschaftslehre, die bei einem großen Konsumgüterhersteller arbeitete. Ihr sollte ich genaue Gründe für die Wahl meiner Universität (bei der es sich um eine Institution in privater Trägerschaft handelte) darlegen und begründen, warum ich vor dem Hintergrund der (Banken-) Krise und eines zweifelhaften Funktionierens dieses Systems trotzdem in der Finanzwirtschaft arbeiten möchte. Darüber hinaus gab man mir eine Tabelle mit Zahlen, die ich analysieren sollte. Da ich zum Zeitpunkt des Auswahlseminars kurz vor meinem Bachelorabschluss stand, erfragte meine Gesprächspartnerin vor allem auch meine Pläne in Bezug auf den weiteren Studienverlauf.

Rückblickend konnte ich bis auf die gegenseitigen Vorstellungen keine genaue Struktur bei den Auswahlgesprächen erkennen. Meiner Einschätzung nach ist es sehr wichtig, stets ehrlich, höflich sowie bodenständig zu sein und eine gewisse professionelle Gelassenheit auszustrahlen. Auch kritisches, unabhängiges Denken und ein gewisses Maß an Allgemeinbildung und Informationen zum Tagesgeschehen würde ich als nicht nachteilig einstufen (dieses hat mir vor allem in den Diskussionsrunden geholfen: Hier besser Qualität statt Quantität!). Darüber hinaus finde ich es gut, wenn man sich in den persönlichen Gesprächen auf den jeweiligen Gesprächspartner einlässt und auch mal zwischendurch (und nicht nur am Ende) Fragen stellt – schließlich handelt es sich um ein Gespräch und nicht um ein Kreuzverhör. Insgesamt war das Auswahlseminar in einem positiven Sinne anstrengend. Zu dieser Wahrnehmung trugen wohl vor allem die vielen Eindrücke, interessanten Menschen und Gespräche bei. Alle Bewerber waren sehr kommunikativ und fair. Die Auswahlkommission blieb außerhalb der eigentlichen Auswahlverfahren größtenteils unter sich, sodass kein Bewerber im Vergleich zu den anderen mehr oder weniger Chancen erhielt sich zu präsentieren.

Wie von den Organisatoren des Seminars zuvor angekündigt, erhielt ich schließlich knapp 1 Woche nach dem Auswahlseminar eine schriftliche Nachricht, die in meinem Fall die Aufnahme in die Studienstiftung mit sich brachte. Der gesamte Bewerbungsprozess begann also im Januar mit dem Vorschlag durch das Prüfungsamt meiner Universität zur Aufnahme in die Studienstiftung. Er endete (in meinem Fall überglücklich) mit der positiven Nachricht hinsichtlich der Aufnahme in die Stiftung, die mich Ende Mai erreichte. Insgesamt erstreckte sich die Bewerbung also über ungefähr 4 Monate.

In der Zeit vor bzw. während meiner Bewerbung hatte ich wenig Kontakt zu Stipendiaten der Studienstiftung. Eine gute Schulfreundin wurde bereits im ersten Semester in die Stiftung aufgenommen. Ich war mit dem Bewerbungsprozess jedoch schon vertraut und bemühte mich bereits zum zweiten Mal um eine Aufnahme. Außerdem studierte meine Freundin etwas anderes als ich und auch bedingt durch meinen Aufenthalt in Südamerika zum Zeitpunkt der schriftlichen Bewerbung erstellte ich meine Unterlagen komplett selbstständig und wollte es „noch einmal ganz alleine“ wissen ?

Wenige Tage vor dem Auswahlseminar kontaktierte ich dann jedoch das interne Netzwerk der Stipendiaten meiner damaligen Universität. In diesem „Stipendiatenpool“ fand sich dann ein netter Kommilitone, mit dem ich mich an einem Abend zum Essen traf und ihn noch ein paar Dinge fragte. Er berichtete dankenswerterweise von seinen Gesprächen, die schlussendlich jedoch wieder ganz anders verliefen als meine eigenen.

Im Hinblick auf eine„perfekte“ Vorbereitung der Bewerbung selbst bzw. des Auswahlseminars der Studienstiftung kann ich deshalb nur schmunzeln. Natürlich kann es hilfreich sein, Stipendiaten der jeweiligen Stiftung zu kontaktieren und Erfahrungsberichte zu lesen. Wichtiger ist es meiner Meinung nach jedoch, sich selbst, seine Stärken, Schwächen, Pläne und sein eigenes Weltbild zu kennen und dabei offen für alternative Ansätze zu sein.
Erfahrungsbericht von Yvonne Mitschka
 - Frankfurt School of Finance & Management
 - Bachelor of Science in BWL
 - Stipendiatin der Studienstiftung seit 2012
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